DSTS: Oben Sesselpupser, unten Nomadentum

Die Bundesliga ist eine Zweiklassengesellschaft. Nach Spieltag 26 der Saison 2014/15 ist von Platz 1 bis 10 alles beim Alten geblieben, darunter werden aber munter Plätze getauscht. Dortmunds Aufholjagd hat zwei kleine Dämpfer erhalten, die Bewertung der Bayern fällt zwiespältig aus, Augsburg liefert sich ein Fernduell um Europa mit Hoffenheim und der HSV chaost weiter vor sich hin. Dazu: Leverkusen mit makelloser Bilanz, Hannover hingegen mit drei Niederlagen. Dafür ist Freiburg plötzlich wieder über dem Strich und der letzte Stuttgart nicht mehr ganz so abgeschlagen. Achja: Wieso hört man im Fußball eigentlich so oft von Laufkundschaft? „Drei Spieltage später“ betrachtet wie gewohnt das Tagesgeschäft Bundesliga in größerem Kontext – das ist die Lage aller 18 Bundesligavereine nach dem 26. Spieltag:

Platz 1 (=): FC Bayern München (64 Pkt | SSN)

Bayern der Topfavorit auf die Champions League? Nach dem 0:0 im Hinspiel gegen Donezk eher nicht. Das Rückspiel sprach jedoch wieder eine andere Sprache: 7:0! Die Bayern im März sind eine zwiespältige Mannschaft, irgendwo zwischen totaler Dominanz und fehlenden zehn Prozent. Die Heimniederlage gegen Gladbach zeigte die Schwachstellen der Münchner (mit Alonso und Schweinsteiger) auf: Trotz 69% Ballbesitz und 16:4 Schüssen unterlag man verdient der starken Favre-Elf.
Zudem fällt Robben für einige Wochen aus – er gibt damit Thiago die Klinke in die Hand, der gegen Gladbach zum ersten Mal wieder im Kader stand. Ob er nach einem Jahr Verletzungspause direkt wieder eine Schlüsselrolle einnehmen kann, muss sich noch zeigen.

Platz 2 (=): VfL Wolfsburg (54 Pkt | NSU)

Wolfsburg beeindruckt auch international: Gegen Inter Mailand zeigte man zwei souveräne Auftritte und steht nun im Viertelfinale gegen Neapel. Mailands Trainer Mancini erhob die Wölfe gleich zum Titelfavorit. In der Liga liegt man nach oben und unten ungefährdet auf Platz 2, sodass Trainer Hecking rotieren lassen kann. Einzig auf de Bruyne mag er nicht verzichten. Kein Wunder: dem Belgier gelingt im Moment alles.

Platz 3 (=): Borussia M’gladbach (47 Pkt | USS)

Sieben Punkte aus drei Spielen festigen Gladbachs CL-Platz. Besonders der Sieg gegen die Bayern wusste zu beeindrucken – denn er war verdient. Lucien Favre zauberte einmal mehr den perfekten Matchplan aus der Tasche. Ein schöner Erfolg der Gladbacher, die ihre nachhaltige und bewunderswerte Entwicklung mit den Einnahmen aus der Champions League krönen könnten. Hoffenheim, Dortmund und Frankfurt heißen die kommenden Gegner.

Platz 4 (=): Bayer 04 Leverkusen (45 Pkt | SSS)

Drei Spiele, drei Siege: Leverkusen festigt den Champions League-Platz und hat nun sechs Punkte Vorsprung auf Schalke. Also sehr befriedigende Wochen für die Werkself – wenn da nicht dieses Ausscheiden in der Königsklasse wäre. Nach einer großartigen Hinspielleistung konnte man sich im Rückspiel ins Elfmeterschießen retten – und versagte komplett. Ein Rückpass von Calhanoglu, zwei Schüsse in die Wolken – und aus war der Traum.
Die jungen Spieler (und der junge Trainer) werden ihre Lehren daraus ziehen – und es in der nächsten Saison besser machen.

Platz 5 (=): Schalke 04 (39 Pkt | SUN)

4:3 – in Madrid! Was eine Champions League-Nacht! So jubelten die einen. Die anderen grämten sich, dass man völlig unnötig ausgeschieden sei: Hier ein bisschen mehr Konzentration beim Verteidigen einer Ecke, hier ein Stück mehr Selbstbewusstsein auch im Kräftemessen mit den Größen des Weltfußballs – und das „Wunder“ wäre perfekt gewesen.
Auch in der Liga lässt man ärgerliche Punkte liegen – es ist aber auch ein verflixtes Pech mit diesen Torhütern! So befindet sich Schalke in einer „schwierigen Phase“ (Heldt) – aber, Hand aufs Herz: Wann ist dem auf Schalke nicht so?

Platz 6 (=): FC Augsburg (38 Pkt | SNN)

Das 1:0 gegen die formstarken Wolfsburger war ein Signal, dass man nach wie vor nach Europa strebt. Doch die (fast) traumwandlerische Sicherheit der Vorrunde ist abhanden gekommen. Immerhin steht man noch auf Platz 6 – die nächsten Gegner haben es aber in sich: auch Schalke, Paderborn und Stuttgart haben drei Punkte zum Erreichen ihrer Saisonziele nötig.

Platz 7 (=): 1899 Hoffenheim (37 Pkt | NSU)

Und wieder ein Pünktchen. Auch wenn das direkte Duell gegen Schalke verloren ging und die Kraichgauer so den Sprung nach oben verpasst haben, schleichen sie sich weiter an.
Im Hintergrund werden allerdings schon die Weichen für die Zukunft gestellt – was sich allerdings schwieriger gestaltet als erwartet. Die Verhandlungen um eine Verlängerung mit Trainer Gisdol stocken, er selbst ließ durchblicken, dass „keine Einigung in Sicht“ sei. Geht es um den weiteren Weg? Mit Firmino, Volland und Beck könnten wichtige Stützen den Verein im Sommer verlassen – wie es danach weitergeht, ist das drängende Thema bei der TSG.

Platz 8 (=): Eintracht Frankfurt (34 Pkt | NSN)

Was würde man nur machen, wenn man keine Krise herbeischreiben könnte? Platz 8, vier Punkte hinter Platz 6, neun vor dem Relegationsplatz, Meier trifft wie er will – man könnte meinen, am Main wäre kein Platz für eine Krise. Doch – Achtung – der Kicker weiß es besser: Frankfurt ist in der Auswärtskrise. Na, wenn es sonst nichts ist …

Platz 9 (=): SV Werder Bremen (34 Pkt | SNU)

Bremen in Europa? Lange ein gewohntes Bild, in der jüngeren Vergangenheit undenkbar. Doch an der Weser sind neue Gezeiten angebrochen – Trainer Skripnik bescheinigte seiner Elf unlängst die Reife für Europa. (Was er sonst noch so an Bonmots produziert hat, ist hier lesenwert zusammengetragen.) Das Restprogramm scheint machbar, einzig an den beiden letzten Spieltagen (Dortmund, Gladbach) muss man gegen klarer favorisierte Gegner ran. Gibt es ein neues Wunder von der Weser?

Platz 10 (=): Borussia Dortmund (33 Pkt | UUS)

Auch der BVB musste auf internationaler Bühne die Segel streichen, 0:3 verlor man zu Hause gegen Juventus Turin. Schade, aber ok. In der Liga konnte man im Vergleich zur letzten DSTS-Ausgabe, die mit „Dortmund flitzt“ überschrieben war, keinen weiteren Boden gut machen. Die torlosen Unentschieden gegen Hamburg und Köln waren klassische Euphoriebremser. Nach der Länderspielpause gehts dann gegen die Bayern und Gladbach – danach wird man wissen, ob man die EL-Plätze noch angreifen kann oder nicht.

Platz 11 (+1): 1.FSV Mainz 05 (30 Pkt | USU)

In Mainz läufts wieder – und dementsprechend geht es auch einen Rang nach oben. Fünf Punkte aus drei Partien können sich sehen lassen – umso mehr, da die Gegner Gladbach (2:2), Augsburg (2:0) und Wolfsburg (1:1) hießen. Fünf Punkte beträgt auch der Abstand auf Rang 16, den man gegen Bremen, Leverkusen und Freiburg halten oder ausbauen will.

Platz 12 (+1): 1.FC Köln (30 Pkt | SUU)

Das 4:2 gegen Frankfurt zu Hause wirkte wie eine Befreiung: Vier Tore! Zu Hause! Da wurde auch der arme Hennes in den Jubel miteinbezogen. Gegen Dortmund und Bremen folgten zwei weitere Punkte – Köln steht gut da. Mit Freiburg, Hoffenheim und Hertha kommen plus/minus gleichwertige Gegner – Zeit, die Big Points zu landen.

Platz 13 (+1): Hertha BSC (29 Pkt | UUS)

Die Hertha ist mittlerweile seit vier Spielen ungeschlagen, dem Heimsieg gegen Augsburg fügte die Elf von Pal Dardai jüngst je einen Punkt gegen Stuttgart (0:0) und Schalke (0:0) sowie einen wichtigen Dreier gegen Hamburg hinzu. Damit hat man kurz Zeit, Lust zu holen – bevor es nach der Länderspielpause gegen Paderborn, Hannover und Köln weiter geht mit Sechspunktespielen.

Platz 14 (-3): Hannover 96 (27 Pkt | NNN)

Hannover ist im – nunja – freien Fall. Im Kalenderjahr 2015 ist man noch ohne Sieg, in neun Spielen gelangen nur drei Unentschieden. Gegen Bayern, Gladbach und Dortmund erfuhr die schwarze Serie – wenig überraschend – eine Verlängerung. Trainer Korkut genießt dennoch weiter das Vertrauen, das seine Mannschaft am besten bald in Punkte ummünzen sollte.

Platz 15 (+2): SC Freiburg (25 Pkt | NNS)

Freiburg ist zurück über dem Strich! Die tapferen Breisgauer fuhren gegen Augsburg ihren fünften Saisonsieg ein und zogen damit an Paderborn und Hamburg vorbei. Dazu weisen sie die deutlich bessere Tordifferenz auf. Das ist ein Faustpfand – das aber nur etwas bringt, wenn man weiterhin den ein oder anderen Punkt einfährt.

Platz 16 (-1): Hamburger SV (25 Pkt | UNN)

Keine zuverlässigen Abwehrspieler, ein kreatives Loch im Mittelfeld, die Stürmer treffen nicht – und der Trainer ist auch nicht so richtig gut? Willkommen beim HSV! Zumindest beim Trainer hat man jetzt den Hebel an- und den Knäbel eingesetzt. Mit Leverkusen, Wolfsburg und Bremen hat dieser allerdings ein schweres Auftaktprogramm – aber ja immerhin die Länderspielpause zur Vorbereitung. Quo vadis, Bundesligadino?

Platz 17 (-1): SC Paderborn (24 Pkt | NNU)

Paderborn ist auf einem Abstiegsplatz angekommen. Das hat sich seit einer Weile abgezeichnet (wusste vor Saisonbeginn eh schon jeder) – allerdings stimmte das Unentschieden gegen Hoffenheim durchaus positiv: Breitenreiters Mannschaft war die bessere und hat für die verbleibenden Spieltage noch ein paar Pfeile ich Köcher. Die werden sie auch brauchen – am besten schon gegen die direkte Konkurrenz aus Berlin.

Platz 18 (=): VfB Stuttgart (23 Pkt | UNS)

Stuttgart ist nach wie vor Tabellenletzter – und ist trotzdem sowas wie der Gewinner der vergangenen drei Spiele. Die vier Punkte haben sie wieder näher an das rettende Ufer gebracht. Zudem ist die Stimmung nach dem 3:1-Erfolg gegen Frankfurt (ein Erfolg zum letztmöglichen Zeitpunkt) plötzlich als bei der Konkurrenz aus Hamburg, Paderborn und Hannover. Wenn Huub Stevens das irgendwie stabilisiert bekommt, dann wird das noch was mit dem Klassenerhalt. Wolfsburg, Bremen und Augsburg sind allerdings keine Laufkundschaft (ein Wort, das ich außerhalb des Fußballs noch nie gehört habe).

 

Bild: Mattes [Public domain], via Wikimedia Commons

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