Mit der 0:3-Niederlage zu Hause gegen Juventus Turin verabschiedet sich Borussia Dortmund aus der Champions League. Beachtenswert ist jedoch nicht das Ausscheiden, sondern viel mehr die Art und Weise. Nichts hätte das Weiterkommen des BVB gerechtfertigt, wie auch Jürgen Klopp eingestand. Der BVB der Saison 2014/15 hat mit der aufregenden Mannschaft der Vorjahre nur noch wenig gemeinsam – spielerisch, nicht personell wohlgemerkt. Klopp hat bewiesen, dass er ein großes Team aufbauen kann. Was (noch) offen ist: Kann er es auch auf dem hohen Niveau halten? Ist der Zyklus Klopp/BVB zu Ende oder beginnt eine große Ära?
Oder wie Tobias Escher es formulierte:
Seit Weisweiler hat niemand in Deutschland ein Spitzenteam aus dem Nichts geschaffen wie Klopp. Frage ist aber: Kann er ein Ferguson sein?
— Tobias Escher (@TobiasEscher) 18. März 2015
Als internationales Pendant zu Klopp gilt Atleticos Trainer Diego Simeone. Mit seinem Amtsantritt im Dezember 2011 explodierte Atletico und konnte den ersten spanischen Meistertitel seit 18 Jahren erringen, sowie 2014 ins Champions League-Finale einziehen. Doch hat Simeone ein Spitzenteam „aus dem Nichts“ geschaffen? Wohl kaum, wenn man die Titel in der Europa League 2010 und 2012 zu Grunde legt. Das soll seine Leistung nicht schmälern, nur Kontrastmittel zum Dortmunder Zustand anno 2008 geben. Wie groß dieses „Nichts“ war, aus dem Jürgen Klopp den Vize-Pokalsieger 2008 wieder zu Titeln und aufs internationale Parkett führte, mögen ein paar Zahlen (und Namen!) illustrieren:
Die Mannschaft (bzw. die ersten 16 Spieler), die Jürgen Klopp vorfand, war ca. 80 Millionen Euro wert, d.h. jeder Spieler ca. 5 Millionen. Heute liegt dieser Wert bei 285 Millionen Euro, was pro Spieler 17,8 Millionen Euro macht. Kein schlechtes Wachstum.
Allerdings ist dem Diagramm auch zu entnehmen, dass vor dieser Saison das erste Mal in der Erfolgsperiode der Wert der ersten Elf abgenommen hat. Der Wert des 16er-Kaders steigt weiter (wenn auch nicht mehr so stark wie zuvor). Der Kader ist breiter geworden, hat aber in der Spitze an Klasse verloren*.
Im Gegensatz zu Atletico konnte Dortmund den Wert des wertvollsten Spielers immer weiter steigern (trotz namhaftester Abgänge), während der Wert von Spieler #16 erst zuletzt einen Sprung machte. Auch hier: Kaderbreite.
Statt abstrakter Kurven hier noch ein paar konkrete Namen:
Spieler #1 | Spieler #11 | Spieler #16 | |
---|---|---|---|
2008/09 | Alex Frei (11 Mio) | Jakub Blaszczykowski Mohamed Zidan (beide 3,5 Mio) | Diego Klimowicz Robert Kovac Neven Subotic (alle 2,5 Mio) |
2009/10 | Jakub Blaszczykowski (8 Mio) | Markus Feulner Patrick Owomoyela Felipe Santana Tinga (alle 3 Mio) | Lucas Barrios (2,4 Mio) |
2010/11 | Neven Subotic (15 Mio) | Sven Bender Kevin Großkreutz Felipe Santana Tamás Hajnal (alle 4 Mio) | Patrick Owomoyela Dedê (beide 3 Mio) |
2011/12 | Mats Hummels Neven Subotic Mario Götze (alle 18 Mio) | Ilkay Gündogan (6,5 Mio) | Mohamed Zidan (3 Mio) |
2012/13 | Mario Götze (30 Mio) | Kevin Großkreutz Julian Schieber (beide 8 Mio) | Roman Weidenfeller Felipe Santana (beide 5 Mio) |
2013/14 | Robert Lewandowski (39 Mio) | Marcel Schmelzer Sokratis (beide 10 Mio) | Julian Schieber (4,2 Mio) |
2014/15 | Marco Reus (50 Mio) | Lukasz Piszczek (11 Mio) | Adrian Ramos (9,5 Mio) |
In der Tat ist Dortmunds Aufstieg „aus dem Nichts“ eine der großartigsten Erfolgsgeschichten im deutschen Fußball überhaupt. Ob sie eine Fortsetzung erfährt? Man darf auf die ersten Personalentscheidungen gespannt sein, die vielleicht schon einen Fingerzeig auf größere Weichenstellungen im Sommer sein können.
* Ich setze der Einfachheit halber sportliche Klasse mit Transfermarkt.de-Marktwert gleich. Dass dem nicht so ist, weiß ich – und hoffentlich auch jeder Leser :-)
Foto: Tim.Reckmann [CC BY-SA 3.0]
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