Dass ich Bayernfan geworden bin, liegt an meinem Vater. Der war auch immer Bayernfan, schon immer gewesen. Dass er die wenigsten Spieler der aktuelleren Mannschaften kannte, an die ich mein Herz verloren hatte, verstörte mich zwar immer ein wenig – aber hey, wir waren beide Bayernfans. Und wenn wir gemeinsam Fußball schauten oder uns darüber unterhielten, landeten wir ganz schnell – richtig – in der guten, alten Zeit.
Damals, als der Kaiser noch elegant über das Parkett glitt, der Maiersepp die Enten aus dem Strafraum vertrieb und der Müllergerd die Bälle aus allen möglichen und unmöglichen Lagen im Netz versenkte. DAS war noch Fußball. Versicherte mir mein Vater, der meine Hingabe an Christian Ziege und später Owen Hargreaves nur so mittel teilte. Denn seine große Liebe war: Katsche Schwarzenbeck. Ohne den, da ist mein Vater sich ganz sicher, wäre der Kaiser nur halb so erfolgreich gewesen. Der hat gerackert und gegrätscht und ist gerannt – alles nur, damit der Kaiser glänzen und sich zur Lichtgestalt aufschwingen konnte. Katsche!
Mein Katsche
Wie dem auch sei: Mittlerweile sind einige Jahre vergangen und – wie in vielen anderen Dingen des Lebens auch – verstehe ich meinen Vater mittlerweile. Mein Kaiser-Katze-Katsche-Erlebnis, das die Gegenwart und mein Interesse an den Bayern und am Fußball allgemein etwas verblassen lässt: die Jahre beginnend mit van Gaal, die dem FC Bayern wieder eine Handvoll Spitzenspieler aus dem eigenen Stall bescherten und die Seit‘ an Seit‘ mit internationalen Stars 2013 unter Jupp Heynckes das Triple errangen. Und so wie auch 1974 dem Triumph der Bayern auf europäischer Bühne die Weltmeisterschaft folgte, eiferten Schweini-Lahm-Müller auch hier den großen Vorbildern nach.
Die Guardiola-Ära war, in gewisser Hinsicht, der Höhepunkt dieser Entwicklung. Irgendwo unterwegs ging aber meine restlose Begeisterung flöten. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Ich war nie der fanatische Fan, wenn mir auch eine Niederlage schon mal fürs Wochenende die Laune vermiesen konnte. Das hat sich schon lang geändert. Es gibt wichtigere Dinge – und schönere. Das heißt nicht, dass Fußball keinen Platz mehr hat in meinem Leben – aber er nimmt keine Hauptrolle mehr ein. Die Identifikation mit den Spielern fällt mir deutlich schwerer, vielleicht auch, weil man altersbedingt öfter hinter die Fassade schaut. Wo man früher zu Titan Kahn aufschaute und verstohlen träumte, als Gleichaltrige ihr Bundesligadebüt gaben, ist inzwischen viel von dieser ursprünglichen Begeisterungsfähigkeit verloren gegangen. Vielleicht sollte ich den LVBet Anmeldecode nutzen, um ins Sportwettengeschäft einzusteigen – gibt das den verlorenen Kick zurück?
Das Leben geht weiter
Mein Sohn ist jetzt drei. Hin und wieder schauen wir zusammen Fußball. Vielleicht wird ihn die Begeisterung irgendwann packen, so wie sie mich als Kind gepackt hat. Vielleicht wird es sich freuen, dass wir beide Bayern-Fans sind und sich fassungslos an den Kopf fassen, dass ich die Hälfte der deutschen Nationalmannschaft nicht kenne. Und dann erzähle ich ihm vom Finale dahoam, vom Triple, vom 7:1, von Rio. Und von Lahm, Schweinsteiger und Thomas Müller, dem Raumdeuter. Und hoffe, dass ihm auch solche Erlebnisse vergönnt sein werden.
Titelbild: Katsche Schwarzenbeck: Nationaal Archief, Den Haag, Rijksfotoarchief: Fotocollectie Algemeen Nederlands Fotopersbureau (ANEFO), 1945-1989 – negatiefstroken zwart/wit, nummer toegang 2.24.01.05, bestanddeelnummer 927-3102 [CC BY-SA 3.0 nl]; Schweinsteiger: Marcello Casal Jr/Agência Brasil ([1]) [CC BY 3.0 br], via Wikimedia Commons