Nach der Saison ist vor der Saison – die Zwischenzeit jedoch gehört wie immer den Transfergerüchten. Mögen sie noch so an den Haaren herbeigezogen sein: Genehm ist, was Auflage macht und Klicks generiert. Aber Hand aufs Herz: Auch als Fan genießt man diese Zeit, in welcher der eigene Verein siebzehn Weltmeister, dreiundvierzig Granaten und vierundneunzig Halbgranaten verpflichten könnte. Wohlweislich Konjunktiv – denn am Ende kommt alles meistens anders. Dennoch lädt es zum Träumen ein, zum Diskutieren, zum Malen von potenziellen Formationen. Das schöne: Jeder Transfer macht Sinn, jeder neue Spieler verspricht das fehlende Puzzleteil, der nächste Shootingstar oder zumindest unangefochtener Stammspieler zu werden. Geschenkt, dass es meist nicht so kommt.
Der Transfermarkt als Wettbüro
Während mich in meiner Kindheit meist die klanghaften Namen fasziniert haben, versuche ich inzwischen vermehrt, denn Sinn hinter geplanten und vor allem realisierten Transfers zu erkennen. Das beachtliche dabei ist, dass man – in aller Regel – durchaus vernünftige sportliche Gründe finden kann. Sicher, die ein oder andere Investition ist auch immer eine kalkulierte Wette aufs Ungewisse, es gibt halt nichts wie dieser Gutscheincode, der einem Erfolg garantiert … So hofft man: Auf das Ausbleiben von Verletzungen beim Mann aus Glas, auf den jetzt wirklich bevorstehenden Durchbruch des ewigen Talents (Lord Bendtner lässt grüßen), darauf, dass der Problembär in seinen Ex-Klubs einfach immer falsch behandelt wurde. Max Kruses Revival bei Werder Bremen fällt in diese Kategorie – und gerade diese Transfers sind es, die den Reiz dieses Geschäfts ausmachen, für Fans und Manager gleichermaßen.
Wo man früher in Nischenmärkten wenig Konkurrenz hatte, ist heute die ganze Welt durchgescoutet, professionelle Unternehmen verkaufen Daten über Daten aus aller Herren Länder, in denen nur ein Spieler einen Ball unfallfrei stoppen kann und Kicker landen bereits in Datenbanken bevor sie den halben Weg zur Volljährigkeit beschritten haben. Wie also in diesem Rennen erfolgreich sein?
Masse oder Klasse?
Das Modell Magath war – zumindest in der Bundesliga – ein One-Hit-Wonder, brachte aber tatsächlich einen Edin Dzeko hervor und eine Meisterschale in die VW-Stadt. Die konsequente Förderung der eigenen Jugend tat dasselbe für den VfB Stuttgart – viele weitere Vereine profitieren von ihrem hochqualifizierten Nachwuchs, der nicht nur sportliche Erfolge bringt, sondern hinterher auch die Kasse klingeln lässt. Der SC Freiburg, aber auch Mainz 05 sind die besten Beispiele hierfür.
Gestandene Klasse zu kaufen ist nur wenigen vergönnt. Und selbst das Modell ist keine Garantie auf holde Glückseligkeit, wie aktuell der Fall Douglas Costa bei den Bayern zeigt. Doch sowohl bei den hochgehandelten als auch bei den tief gefallenen Spielern gilt: Träumen darf erlaubt sein. Und wenn der neue Superstar, das ewige Talent oder der Mann aus Glas es wieder nicht schaffen: Man kann sich fast sicher sein, dass es in der nächsten Transferperiode wieder von vorne losgeht und die Fans des nächsten Vereins von neuen Sphären träumen, in die der ewig Missverstandene sie schießen wird.