WachablösungsWatch I: CL 1. Spieltag

Bayern und Schalke triumphieren, Dortmund und Leverkusen müssen die Segel streichen. Außerdem: eine epische BVB-Serie reißt, wird aber durch hundert andere ersetzt; die UEFA erlaubt technische Gadgets am Spielfeldrand (wie Rolfes exklusiv aufdeckt); Sammer darf nur noch motzen, wenn es was zu motzen gibt und: WAAAAAAAH! Wachablösung sieht anders aus. Aber nur ein bisschen.

Der Wachablösungswatch zum ersten Spieltag der Champions League 2013/14:

1 |Déjà vu

Das erste Bild der neuen Champions League-Saison glich dem letzten der vergangenen: jubelnde Bayern. Bereits nach drei Minuten schoss David Alaba per Freistoß die Führung heraus – und die gaben die Bayern dann auch nicht mehr her. Im Gegenteil: Dreinull stands am Ende einer sehr überzeugenden Leistung, die zwar gegen einen schwachen russischen Doublegewinner ZSKA Moskau zustande kam, aber nichtsdestotrotz Erkleckliches vom Pep-Fußball erkennen ließ. Das (von Lahm auf der Sechs angeleitete) Pressing dürfte das beste der bisherigen Saison gewesen sein. Wenn sie es jetzt noch schaffen, vor dem Tor öfter vertikal zu spielen und den Ballbesitz effizienter in Großchancen umzumünzen, dürfen wir noch einige Fußballfeste erwarten.

2 | Dortmund im Retro-Look

Dortmund kann Champions League nur dramatisch und erinnert in Grundzügen an die Saison vor zwei Jahren: Alles was schief gehen kann geht schief. Subotic wird gerade rechtzeitig aufs Feld gelassen um das 0-1 nicht mehr verhindern zu können, Klopp frisst in der Folge einen der zehnhundert Schiedsrichter auf und wird von einem der verbleibenden in die Verbannung geschickt. Nachdem niemand so recht wusste, wohin mit dem Wilden, gewährte der Legende zufolge der Hausmeister dem Ungewollten Zuflucht. Eine solche musste sich auch der beste Nicht-Nationaltorwart der Welt suchen: Weidenfeller folgte seinem Chef fast unmittelbar nach, Rot wegen Handspiels. Und auch Humpel hummelte vom Feld – Rücken!

Furie Klopp gab sich nachher aber geläutert und lastete alle Schuld auf sich: Da müsse er sich besser im Griff haben, und neben den vielen positiven Aspekten seines Charakters, habe der leider auch ein paar negative. Lektion gelernt – in Neapel besteht man nur mit kühlem Kopf.

3 | The werkself way of Champions League

In Manchester diktierte unterdessen Bayer 04 in Großbuchstaben das (Un-)Wort ‚Wachablösung‘ in die englischen Stammbücher. Mit einem berauschenden 4-4 (Auswärstore zählen doppelt!) zeigte man den Giganten aus Manchester wo die Pille eingeworfen wird. Oder auch nicht. Es bleibt der Eindruck: Leverkusen verhält sich zur Champions League wie Eintracht Braunschweig zur Bundesliga. Und Kießling, immerhin einziger deutscher Topstürmer in der Champions League, wartet weiter auf seinen internationalen Durchbruch.

4 | An des Princen Wesen soll der Schalker Seel‘ – und Spiel – genesen

Seit Boaboaboa -Teng!-Teng!-Teng! auf Schalke sein Unwesen treibt, sind die Königsblauen kaum wiederzuerkennen. Wo man sich vor langen vier Wochen noch gegen Saloniki zu einem 1-1 gurkte, quälte man sich gegen Bukarest schon zu einem 3-0. Nach oben ist noch gewaltig Luft, aber Boateng und Draxler lassen aufblitzen, dass in ihnen das Potenzial zum neuen Duo infernale der Liga steckt. Gerade der Jungnationalspieler scheint aufzublühen seit der Neuzugang ihm Medienaufmerksamkeit und Heilserwartungen abnimmt. Nach Mentor Raúl könnte es eine weitere gewinnbringende Symbiose für seine hoffnungsvolle Karriere sein.

5 | Worte, deren Erwähnung Fußballfans in den Wahnsinn treibt

Torrichter. WAAAAAAAAAAAAH!

6 | Sach ma, Sammer – geht’s noch?

Einen Nebenkriegsschauplatz eröffneten (bzw erweiterten) die Münchner Granden Uli und Kalle am Rande des Spiels. Motzki Sammer wurde zurückgepfiffen; mit öffentlichen Unmutsbekundungen – zumal in erfolgreicher Phase – würde man nur den Medien einen Gefallen tun, dem Verein aber nicht. Da müsse er zurückstecken, das kostet Glaubwürdigkeit. So die Vorwürfe – vorgetragen: öffentlich.

7 | Eine Serie reißt, hundert neue entstehen

Dortmund hat erstmals in seiner langen und traditionsreichen Vereinsgeschichte mit Mitchell Langerak im Tor verloren! Ich wiederhole: Verloren! Mit Langerak! Doch mein Jubel, dass uns dieser Nonsens nun erspart bliebe, blieb mir im Halse stecken, als ich feststellte: Dortmund hat mit Langerak in der Bundesliga noch nie verloren. Dortmund hat mit Langerak im Pokal noch nie verloren. Dortmund hat mit Langerak im Supercup noch nie verloren. Dortmund hat mit Langerak noch nie in der zweiten Liga verloren – ebenso wenig wie übrigens in der Kreisliga, der Serie A, B und C, der Premier League, der Erendivisie und der Gambrinus Liga. Und – WAAAAAAH!

Ernsthafte Frage: Hat Dortmund jemals mit Mitchell Langerak im Tor ein Freundschaftsspiel verloren? Oder auch nur ein Trainingsspiel?

8 | Rolfes investigativ: UEFA erlaubt technische Hilfsmittel!

Simon Rolfes, aus der Halb-Versenkung wieder aufgetauchter Bayer-Kapitän glänzte gestern nicht nur mit einem wunderschönen Tor, das de Gea tatenlos zusehen ließ, sondern auch mit folgendem Beitrag zu Punkt 5 (s.o.): „Da stehen fünf Schiedsrichter rum. Aber die waren offenbar mehr damit beschäftigt Fotos zu machen und in soziale Netzwerke zu stellen. Da darf man auch mal fragen, ob das professionell ist!“ Und ob das professionell ist! Soll sich noch einmal jemand beschweren, die UEFA sperre sich gegen Technik am Spielfeldrand!

9 | Legionärswatch

Sami Khedira spielte bei Reals 6-1 Auswärtssieg gegen Galatasaray 90 Minuten. Gewechselt wurde auf der Sechserposition neben ihm: es begann Modric, ab Minute 72 durfte Illaramendi ran. +++ Bei Chelsea stand Schürrle nichtmals im Kader, dafür durfte Neuzugang Willian ran. +++ Mesut Özil debütierte nun auch in der Champions League für seinen neuen Klub Arsenal. Bis auf einen sehenswerten Hackentrick, mit dem er eine gute Chance vorbereitete, blieb er aber weitestgehend unauffällig. Mertesacker rettete einmal gut, leistete sich kurz vor Schluss aber auch einen Fauxpas, der fast zum Ausgleich geführt hätte. Beide spielten 90 Minuten. +++

10 | Die Wachablösungsskala

Bukarest und Moskau in allen Ehren, aber gegen den italienischen und englischen Gegner wurden die Segel gestrichen. Da wir uns aber die Welt machen, wie sie uns gefällt und Auswärtstore doppelt zählen, sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen und vergeben auf der Wachablösungsskala 5 von 11 Punkten.

11 | Und der wachabgelöste Rest

Dienstag: +++ (Gruppe A) ManUtd 4-2 Leverkusen, Torrichterwirrwarr, van Persie mit Zidane-2002-Gedächtnis-Tor und Leno wackelt // Donezk gewinnt dank Doppelpacker Texeira bei Real Sociedad mit 2-0. +++ (B) Kopenhagen trotzt Juventus zu Hause ein 1-1 ab. // Real überfährt im gefürchteten Hexenkessel von Galatasaray ebendiese und gewinnt 6-1. Isco eröffnet den Torreigen, Benzema macht zwei und Ronaldo (ohne Özil!) drei Buden. Bale wird eigewechselt. +++ (C) Benfica fast so schnell wie Bayern: 1-0 in der 4. Minute, am Ende stehts 2-0 gegen Anderlecht // PSG gewinnt dank dreier Tore nach Eckbällen mit 4-1 gegen Olympiakos. Gibt’s auch nicht so oft. +++ (D) Bayern 3-0 ZSKA Moskau // Gegen Pilsen tut sich der Scheichklub ManCity lange schwer, doch nach der Pause geht’s schnell: innerhalb von 10 Minuten stellen Dzeko, Toure und Agüero die Anzeigetafel auf 3-0 und der Käse ist gelutscht. +++

Mittwoch: +++ (E) Ein schwaches Chelsea verliert zu Hause 2-1 gegen Basel, die nun seit sieben Spielen ungeschlagen sind // Schalke 3-0 Steaua Bukarest +++ (F) Der FC Arsenal holt auswärts drei Zähler. Marseille muss sich 1-2 geschlagen geben. // Neapel – unter dem neuen Trainer Benitez mit feinem Ballbesitzspiel – schlägt Dortmund verdient mit 2-1. Cavani-Nachfolger Higuain trifft. +++ (G) Austria Wien verliert beim Königsklassen-Debüt zu Hause 0-1 gegen den FC Porto, der deutlich mehr Ballbesitz (67-33), aber weniger Torschüsse hat (10-13). // Atletico gewinnt zu Hause relativ souverän 3-1 gegen Zenit St. Petersburg. +++ (H) Barcelona fertigt dank Messi-Hattrick Ajax Amsterdam mit 4-0 ab. Es war übrigens das erste internationale Aufeinandertreffen der beiden Traditionsvereine. // Langen Atem brauchte der AC Mailand gegen Celtic Glasgow. Es dauerte bis zur 82. Minute in Führung zu gehen – und das durch ein Eigentor. Endstand 2-0. +++

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