Defensive, Offensive, Weltherrschaft —
Dutts Plan mit Bremen

Dass die spektakulären Jahre der Ära Schaaf vorbei sind, daran mussten die Fans sich schon länger gewöhnen. Spätestens der Abgang der letzten großen Namen Pizarro, Wiese, Marin vor der letzten Saison machte deutlich, dass die Europapokalzeiten an der Weser erst Mal der Vergangenheit angehören. Und der Abschied von Allofs während und Schaaf kurz vor Ende der Saison ließ auch die letzten Protagonisten der glanzvollen Jahre in die Abteilung Vereinsgeschichte abwandern. Doch die Fans wiesen die Richtung: mit einer beispielgebenden Leidenschaft trugen sie ihre Mannschaft zum Klassenerhalt und zeigten eindrucksvoll, wie ein atmosphärisch gesunder Verein aussieht.

Der unglückliche DFB-Sportdirektor Robin Dutt wurde zum neuen Trainer erkoren und nach den ersten zwölf Wochen im Amt hat man den Eindruck, dass er die Lage gründlich analysiert und die richtigen ersten Schritte eingeleitet hat.

Dutts Handschrift ist zu erkennen

Das Bremer Spiel dieser noch jungen Saison könnte der Spielanlage der glorreichen Zeit nicht unähnlicher sein: Man steht tiefer, hat das Verteidigen zur Aufgabe aller elf Akteure gemacht und hält konsequent die Defensivordnung. Das geht natürlich massiv zu Lasten des Angriffspiels, das meist mit einem langen Ball initiiert wird und dann auf Zufall basiert.

So war man gegen Braunschweig und Augsburg nicht die bessere Mannschaft – nahm aber die drei Punkte mit und kassierte kein Gegentor. Auch gegen den BVB hielt man trotz höchster Bedrängnis 55 Minuten lang die Null. Die nächsten sechs Gegner kommen allesamt aus dem Mittelfeld der Tabelle – es wird interessant sein zu sehen, wie man sich gegen diese Mannschaften schlägt. Und wo man sich nach diesen Spielen in der Tabelle einsortiert hat.

Dutt jedenfalls hat mit einer funktionierenden Defensivordnung die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung gelegt. Auch sein heutiger Kontrahent Jürgen Klopp hat in Dortmund zunächst eine Defensivstruktur etabliert, sie dann zu einem Pressingnetz ausgebaut und dann skuzessive die Angriffsoptionen erweitert. Dass das dem Ideal, das der Trainer Dutt verfolgt, sehr nahe kommt, ließ er in einem FAZ-Interview während seines Leverkusen-Engagements durchblicken:

„Du musst dich als Trainer entscheiden: Bist du ein Einjahrestrainer oder einer, der vier fünf Jahre in einem Verein arbeiten möchte. Ich habe für mich festgelegt, ich kann in der Mittelfristigkeit mehr gewinnen, als in der Kurzfristigkeit verlieren. […] Man kann sich zum Beispiel im Training auf zwei, drei offensive Varianten konzentrieren und immer wieder üben, bis sie wirklich sitzen. Das wird gegen 70 Prozent der Mannschaften auch reichen. […] Zehn Varianten zu trainieren und zu beherrschen und automatisch abzurufen, wenn sie erforderlich sind, das kostet viel mehr Zeit. Also stellt sich die Frage für den Trainer: Konzentrierst du dich auf drei Varianten und holst 70 Prozent der Punkte oder riskierst du eben vielleicht nur 60 Prozent der Punkte zu machen, weißt aber, dass du morgen 90 Prozent holen kannst. Wenn wir ganz nach oben wollen, dann müssen wir das Niveau der Spitze erreichen. Und Dortmund ist uns zwei, drei Jahre voraus . . .“

Dutt und Bremen – wie füreinander geschaffen?

Bremen und Dutt – das könnte eine glückliche Ehe werden. Die Ziele in Bremen sind nicht hoch gesteckt, was dem Trainer Zeit und Ruhe einräumt, seine Spielidee zu implementieren. Der Verein hingegen hat einen Trainer, der einen langfristigen Plan verfolgt und bei Freiburg bewiesen hat, dass er diesen auch mit wenig Mitteln umsetzen kann.

Die Saison lässt sich gut an für Bremen. Man darf gespannt sein, ob eine neue Ära – die Ära Dutt – daraus entsteht. Die Voraussetzungen scheinen gegeben.

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