Auftaktsieg! Deutschland schlägt Portugal 4:0

Mit einem ungefährdeten 4:0-Erfolg startet die deutsche Mannschaft in die WM 2014 – und kippt die vorher zurückhaltende bis skeptische Stimmung in der Heimat komplett um. Das 100. WM-Spiel des DFB war dabei auch das erste Turnierspiel ohne Schweinsteiger und Podolski in der Startformation seit dem 0:0 gegen Lettland 2004. Joachim Löws taktische Marschroute geht jedoch voll auf, er findet eine einfache wie ungewöhnliche Maßnahme gegen die deutschen Problemzonen. Zusätzliche Hilfe kommt bei hohen Temperaturen von einem hitzköpfigen Portugiesen. Das Wichtigste vom deutschen WM-Auftakt in der Zusammenfassung:

1. Ausblick

Wenn man gegen den ärgsten Konkurrenten in der Gruppe 4:0 gewinnt, gibt es wenig zu meckern. In der Tat sind die Aussichten rosig, Goalimpact beziffert die Chancen aufs Weiterkommen bereits nach diesem einen Spiel auf 92%. Das gibt dem Bundestrainer die Chance, schon früh Spielanteile aufzuteilen, sodass Kräfte geschont und Spielpraxis gesammelt werden kann. Ohne Hummels‘ verletzungsbedingte Auswechslung wäre Schweinsteiger heute schon zum Einsatz gekommen, so durfte Mustafi sein WM-Debüt geben. Apropos Hummels: Eigenen Aussagen nach hat es ihn nicht schlimm erwischt, sodass Jogi Löw weiterhin aus dem Vollen schöpfen kann. Die Kontrahenten aus Portugal hat es da deutlich härter getroffen mit zwei Verletzten und einer roten Karte; man darf gespannt sein, ob sie die richtigen Lehren aus dem Spiel ziehen und es noch als Gruppenzweiter über die Ziellinie schaffen.

2. Löws Aufstellung

Bisher war die WM aus taktischer Sicht von der Rückkehr der Dreierkette bestimmt. Der Bundestrainer setzte noch eins drauf und begann mit einer Viererkette – aus vier Innenverteidigern. Die „Flügelzange“ Höwedes-Boateng war etwas gewöhnungsbedürftig, erfüllte die ihr gestellten Aufgaben aber bravourös – besonders in persona Jerome Boateng, der den Weltfußballer Christiano Ronaldo komplett abmeldete. Mit der hohen Defensivlinie begünstigte Portugal diese Ausrichtung natürlich, da genügend bespielbare Räume offen waren, was besonders Toni Kroos ein ums andere Mal schön ausnutzte. So ging auch dem Elfmeterpfiff ein langer öffnender Ball des Mittelfeldstrategen voraus, der danach noch zwei Tore vorbereitete.

Ein Aufeinandertreffen mit Chile vorbehalten, wird es allerdings wohl das letzte Spiel gewesen sein, in dem der Gegner derart hoch agiert. Ob besonders Höwedes der Mann ist, sich durch Engen im letzten Drittel zu kombinieren, darf angezweifelt werden. Wie im Test gegen Armenien angedeutet, als er auf Vorlage von Schweinsteiger ein Tor erzielte, kann er situativ aber als kopfballstarke Anspielstation ins Zentrum rücken und so für Gefahr sorgen. Durm als kombinativere Option wäre hingegen die klassische Lösung.

Lahms Versetzung ins Mittelfeld war richtig und wichtig. Der Kapitän gab der Mannschaft spürbar Halt, auch wenn er ein paar Minuten brauchte, bis er im Spiel angekommen war. Mit Khedira als von Natur aus vertikaler Sechser und Passmaschine Toni Kroos (76 Pässe) bildete er so ein stabiles und strukturierendes 3er-Mittelfeld. Überhaupt, Toni Kroos: die meisten Pässe aller Spieler, 96% Passgenauigkeit, ein (eigentlich zwei) Assissts, dazu 100% gewonnene Tacklings – mehr kann man von einem Achter wahrlich nicht erwarten.

Auch der Angriff, der vermeintlich ohne Angreifer auskommen musste, war genau richtig eingestellt: die beweglichen Götze, Müller und Özil stellten Bruno Alves und Pepe wiederholt vor Probleme. So entstand auch der Elfmeter durch ein Götze-Dribbling im Strafraum.

Personalmangel im Sturm, keine passenden Außenverteidiger? Dann lassen wir die doch einfach weg! So oder ähnlich mag Jogi Löws Aufstellung auf manchen erschrockenen Fan und Journalisten gewirkt haben, zumindest setzte es im Vorfeld und bei den Tests ordentlich Kritik. Einzig, der Plan ging auf. Und das beste: bei Bedarf kann auf alte Automatismen zurückgegriffen werden, der Kader bietet eine Vielzahl an Variationsmöglichkeiten. Özil hinter Klose, Durm statt Höwedes, Lahm rechts und Schweinsteiger auf der Sechs, Schürrle oder Podolski über außen … den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. Zumindest wenn der Bundestrainer seine Entscheidungen weiterhin so gut trifft wie heute.

3. Thomas Müller

Tja, was soll man zu einem Spieler sagen, der in seinem siebten WM-Spiel seine Tore sechs bis acht erzielt hat? Der nach Gerd Müller (1,46) die höchste Torbeteiligung pro WM-Spiel hat (1,43)? Der an 11 der letzten 20 deutschen WM-Tore direkt beteiligt war? Der nach Eusebio, Leonidas und Gerd Müller der jüngste Spieler mit acht WM-Treffern ist? Und das alles zu Beginn seines zweiten Turniers?

Mir fällt nichts ein. Gute Nacht.

Bild: Hummels gg. Portugal (EM 2012). Von Football.ua [CC-BY-SA-3.0] via Wikimedia Commons

Kommentar verfassen