Mach’s gut, Prince! —
Mailand wird dich (nicht) vermissen

„Der Prince ist gegangen. Lang lebe der Prince!“ Der Spruch mag übertrieben sein, denn unter den Tifosis des AC Mailand gab es wenig Aufhebens um den plötzlichen und unerwarteten Abgang von Kevin-Prince Boateng. Die einzigen Beschwerden, die man auf den Fanseiten und im Social Web vernehmen konnte, betrafen seine Freundin Melissa Satta, ihres Zeichens Showgirl – und ab sofort nicht mehr im San Siro zu bestaunen. Nicht wenige hätten sie gerne im Duett mit Federica Nargi gesehen, der Freundin des ehemaligen Juventus-Angreifers und Neu-Milanisto Alessandro Matri.

Aber um zum Wesentlichen, dem Fußball, zu kommen: Als Boateng vor drei Jahren überraschend aus Portsmouth kam, erwartete niemand einen Champion. Von Genua verpflichtet und an Milan weiterverliehen, machte er aber schnell auf sich aufmerksam: wegen seiner Tattoos, seines athletischen Fußballs und – nicht zuletzt – wegen seiner erstaunlichen Leistungen auf dem Platz. Er leistete einen großen Beitrag zum ersten Scudetto unter Allegri 2010/11 und spätestens mit seinem Moonwalk stilecht in Michael Jackson-Outfit vor 80.000 Zuschauern war er zum Star und Publikumsliebling geworden.

Tore für die Ewigkeit

In der folgenden Saison lief es für den AC nicht so gut – doch Boateng erzielte in der Champions League zwei Traumtore, die die Tifosi wohl nie vergessen werden. Gruppenphase Ende November 2011, Milan gegen Barcelona (Endstand 2-3): mit einer seltenen Zusammenkunft von Beweglichkeit, Technik, Willen und Wut zimmert Boateng den Ball in die Maschen. Explosion!

Nummer zwei folgte im Februar 2012 in der ersten Ausscheidungsrunde gegen Arsenal (4-0): ein gewaltiger Volleyschuss, der wieder einmal das Meazza verzauberte.

Trotz alledem gewann der AC Mailand in dieser Saison nichts. Zu schwer wog der Abgang der Legenden und Fanlieblinge Pirlo, Gattuso, Nesta und Ronaldinho in der Saison 2010/11 und der schmerzliche Verlust von Thiago Silva, Ibrahimovic, Seedorf und Cassano am Ende der Saison 2011/12. Kevin wurde zum Prince, zum entscheidenden Mann und zu dem, der die meiste Last zu schultern hatte.

Starletts, Boulevard, Rassismus – und Fußball

Seine Liebesaffäre mit Starlette Melissa Satta (und Starletts sind in Italien bekannterweise sehr wichtig – überall) beförderte ihn auch in der Öffentlichkeit auf ein neues Level. Die Sportgazetten hatten ihn längst als Galionsfigur entdeckt, nun hielt er auch in den Boulevard triumphal Einzug. Dazu kam noch seine Rolle in der Rassismusdebatte: Als er in einem Freundschaftsspiel des AC Milan gegen Pro Patria im Januar 2013 zum Opfer rassistischer Sprechgesänge wurde, schoss er kurzerhand den Ball auf die Tribüne und verließ das Spielfeld – eine Reaktion, die ihm viele Sympathien einbrachte. Und sie brachte ihn vor die UN: als Gastredner zum Internationalen Tag gegen Rassismus.

Während zu Beginn seiner Zeit beim AC Milan ihn seine fußballerischen Leistungen in den Fokus rückten, gab es zuletzt also hauptsächlich abseitiges zu berichten. In seiner letzten Saison 2012/13 gelang es dem Prinzen nicht, Thiago und Ibrahimovic vergessen zu machen – mit Mühe und Not erreichte man den dritten Platz in der Serie A und überstand die Champions League Playoffs. Boateng absolvierte 29 Spiele – traf aber zur allgemeinen Enttäuschung nur zwei Mal. Er spielte keine entscheidende Rolle, hatte aber doch seinen Moment in der kritischen Phase der Saison: in der ersten KO-Runde der Champions League zwang man den unbezwingbaren FC Barcelona um Leo Messi mit 2-0 in die Knie. Das Rückspiel im Camp Nou geriet mit 0-4 zu einem Debakel und auch wenn die ganze Mannschaft schwach agierte, war Boateng die vielleicht größte Enttäuschung des Spiels.

Folgerichtig machten zu Beginn des Transferfensters 2013 Gerüchte die Runde, dass Milan über einen Verkauf Boatengs nachdenke. Doch wie Milan-Vorstandschef und Berlusconis rechte Hand Adriano Galliani mitteilte, gingen keine Angebote ein und so rechnete man mit einem Verbleib Boatengs. Die Fans waren darüber nicht begeistert, zumal Gerüchten zufolge der junge und talentierte Serbe Adem Ljajic (Florenz, mittlerweile AS Rom) ihn ersetzen sollte, Den Sommer über tat sich nichts und so registrierten die Fans gleichgültig, dass ihnen Il Boa wohl erhalten bleiben würde. In der Champions League Qualifikation gegen PSV Eindhoven bestätigte er alle Befürchtungen und zog mit seiner Leistung heftige Kritik auf sich. In Verona spielte er gar noch schlechter (wie – um fair zu sein – das ganze Team).

Ein Sommernachtstraum

Aber dann kam in einer italienischen Spätsommernacht im Meazza die Wiedergeburt: Zwei Tore im Rückspiel gegen PSV, die auch Superstar Balotelli in den Schatten stellten und Milan in die Eliteklasse beförderten. Der Spielentscheider, der Champions League-Boateng war zurück! Die Wiedergeburt eines Stars. Doch es dauerte – wie alle Sommernachtsträume – nur eine Nacht lang. Nun liegt es an den Schalke-Fans herauszufinden, ob der Stern wieder aufgegangen oder abgestürzt ist.

Grazie mille an SerieAddicted für die Erlaubnis, den Artikel von Sebastiano Sali ins Deutsche  übersetzen zu dürfen.

Bild: goatling [CC-BY-SA-2.0]

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