WachablösungsWatch II:
Champions League 2. Spieltag

Ein bayerisches Statement in England, Dortmunder Wirbelstürme(r), Leverkusener Last-Minute-Treffer und ein königsgrünes Schalker Bollwerk. Kurz: Vier Spiele, vier Siege – dazu bärenstarke Legionäre. Das Wachablösungsbarometer ist deutlich glücklicher als zuletzt. Der 2. Spieltag der Champions League aus deutscher Sicht:

1 | Bayerisches Statement

Hin und wieder schielte ich in die rechte obere Ecke des Bildschirms, doch tatsächlich: ManCity stand vorne – es war ein Auswärtsspiel. Danach sah es allerdings ganz und gar nicht aus. Bayern ließ fast nach Belieben Ball und Gegner laufen und wer es nicht besser wusste, wäre von selbst kaum auf die Idee gekommen, dass da ein englisches Spitzenteam in den hellblauen Trikots steckte. Der Titelverteidiger zeigte über 76 Minuten eine Demonstration, die mit der Auswechslung Schweinsteigers ein Ende fand. Bis dahin stand aber eine bequeme 3-0 Führung, herausgeschossen vom überragenden Ribery, vom beweglichen Mittelstürmer Müller und von Robben. Am Ende standen 66% Ballbesitz, drei zu eins Tore und eine rote Karte für Jerome Boateng, der als letztes Glied der Kette die vorangegangenen Fehler zu rustikal auszubügeln versuchte.

Alles in allem aber eine mehr als überzeugende Vorstellung gegen ein Team, das sich selbst gerne schon auf Europas Thron sieht. Die Lehre, dass es ein langer Weg dorthin ist, mussten die Bayern bitter lernen – die Lektion haben sie heute nach England weitergereicht.

2 | Dortmunder Wirbelsturm

Marseille: Null! Dortmund: Zwölf! So lautete am Ende das Großchancenverhältnis. Angeführt vom erneut überragenden Marco Reus ließen die Schwarzgelben Welle um Welle auf das Tor von Olympique Marseille zurollen. Nach 19 Minuten bediente der CL-Debütant Eric Durm Mittelstürmer Lewandowski: 1-0. Überhaupt, die Außenverteidiger: Rechts zeigte Kevin Großkreutz eine Leistung, die ihn für höhere Weihen qualifiziert, links überzeugte der junge Durm – eigentlich noch in Ausbildung zum Rechtsverteidiger – und ließ erahnen, dass Klopp mit seiner Umschulung vom Stürmer zum Außenverteidiger aufs richtige Pferd gesetzt hat.

Reus erzielte in Hälfte zwei unter freundlicher Mithilfe von Keeper Mandanda aus 40 Metern per Freistoß das 2-0 und holte schließlich zehn Minuten vor Schluss noch einen Elfmeter heraus, den Lewandowski trocken verwandelte. Statt 3-0 hätte es aber gut und gerne auch 6-0 ausgehen können. Dortmund ist nach der bitteren Niederlage gegen Neapel nun „wieder drin in der Gruppe“, wie Klopp nach dem Spiel sagte. Ob der Trainer am nächsten Spieltag wieder drin ist oder noch eine weitere Partie von der Tribüne aus verfolgen muss, entscheidet sich unterdessen erst in den nächsten Tagen. Nächster Gegner: der FC Arsenal.

3 | Schalker Bollwerk

Hinten top, vorne hilft Draxler. So oder so ähnlich könnte man die Partie beim Schweizer Vertreter FC Basel zusammenfassen. Die Gastgeber hatten zunächst mehr vom Spiel, doch die grünen Königsblauen verteidigten aufmerksam. Die Versuche, nach Ballgewinn schnell umzuschalten, blieben aber erfolglos. Nach der Pause dann DER Moment des bis dahin schwachen Julian Draxler: Eine Ecke wird zu kurz abgewehrt, Draxler hat alle Zeit der Welt Maß zu nehmen – Resultat: Traumtor aus 20 Metern ins rechte Eck. Und drei Punkte für Schalke, die damit die Gruppe ohne Punktverlust anführen. Perfekte Ausgangssituation für die Duelle gegen Verfolger Chelsea.

4 | Leverkusener Last-Minute-Treffer

Mit einem Freistoß in Minute 92 rettet der kurz zuvor eingewechselte Jens Hegeler dem Werksklub drei Punkte. Zuvor zeigte man eine gute erste Hälfte, die der neue Torschütze vom Dienst, Simon Rolfes, mit dem Treffer zum 1-0 beendete. Nach dem Seitenwechsel ließen die Gäste aus San Sebastian vereinzelt ihre Klasse aufscheinen und kamen per Elfmeter-Nachschuss zum Ausgleich durch Ex-Gunner Carlos Vela. Doch dann kam Hegeler – und ignorierte die Anweisung von Stefan Kießling, der den Freistoß gefälligst als Flanke serviert bekommen wollte. Alles richtig gemacht: 2-1 Sieg und somit die Maßgabe, die Heimspiele zu gewinnen, gerade noch erfüllt.

5 | Legionärswatch

Andre Schürrle durfte für Chelsea beim 4-0 Auswärtssieg gegen Steaua Bukarest über 90 Minuten ran und rechtfertigte seine Aufstellung vollends. Die Konter zum 1-0 und 3-0 leitete er ein und gab jeweils den Pass zur Vorlage.

Bei den Königlichen nahm Sami Khedira seinen gewohnten Platz auf der Sechs neben Luka Modric ein. Nach 76 Minuten wurde er durch Morata ersetzt, aber da war die Messe schon gelesen – 4-0 Heimsieg gegen Kopenhagen.

Schnözil? Weltklasse! So die (vorläufige) Antwort, die Mesut Özil auf dem Platz gab. Im Spiel gegen Neapel war keine Viertelstunde gespielt, da stand es schon 2-0 für die Gunners. Torschütze zum 1-0: Özil. Vorlage zum 2-0: Özil. In Ramsey hat er einen kongenialen Partner gefunden, mit dem er sich ein ums andere Mal durch die Abwehrreihen der Italiener kombinierte. England liegt dem „Wizard of Ozil“ zu Füßen.

Auch per Per Mertesacker zeigte eine erneut starke Leistung im Trikot der Gunners und gab in der ihm eigenen Ruhe den geduldigen Aufbauspieler; die Show überließ er – klugerweise – seinem Nationalmannschaftskollegen.

6 | Die Wachablösungsskala

Das gab’s noch nie: Vier Spiele, vier Siege – mehr geht nicht. Dazu starke Leistungen unserer Legionäre – das Wachablösungsbarometer sieht auch ohne Tricksereien deutlich freundlicher aus als am ersten Spieltag. Die Siege von Bayern und Dortmund kann man als eindrucksvoll bezeichnen und sind ein Signal an die europäische Konkurrenz, dass man im Vergleich zum Vorjahr nicht schwächer geworden ist. Und das ohne in Bestbesetzung angetreten zu sein. Schalke und Leverkusen taten sich mit weniger namhaften Gegnern über weite Strecken schwer, fuhren aber die wichtigen Punkte ein.

Die Wachablösungsskala pendelt sich bei 9 von 11 Punkten ein. Alle Teams sind (wieder) auf Kurs und das zählt. Spannend wird es am nächsten Spieltag, wenn die Gegner von Schalke und Leverkusen aus England kommen: Gegen Chelsea und Arsenal kann man beweisen, dass auch die Klubs Nr. 3 und 4 Wachablösung können.

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